Selbstfreundschaft (1): Was hat Selbstfreundschaft mit Führung zu tun?

Gute Führung erfordert – neben Klarheit und Konfliktbereitschaft – die Fähigkeit, mit den von mir Geführten in gutem Kontakt zu sein. Vertrauen zu schenken und geschenkt zu bekommen, Bedürfnisse und Grenzen der Geführten zu kennen und zu achten, da zu sein, wenn Not am Mann ist. Das ist eine Beziehungsqualität, wie man sie mit Freunden hat oder anstrebt.

Ein:e gute:r Freund:in nimmt mich, wie ich bin und freut sich über/fördert meine Entwicklung. Er:Sie schenkt mir reinen Wein ein. Ist da, wenn ich ihn:sie brauche. Ist zuverlässig, vertrauenswürdig und hat meine Bedürfnisse und meine Interessen im Blick.

In einer Führungsbeziehung kommt eine Macht-Asymmetrie hinzu, die man in einer Freundschaft nicht hat, und Freunde kann man sich aussuchen, Mitarbeitende oft nicht. Halten wir dennoch fest: Ein:e gute:r Chef:in hat Qualitäten wie ein:e Freund:in, auch, wenn er mein:e Chef:in ist und bleibt. Ich möchte so weit gehen zu sagen: Je mehr Freundschaftsqualität in einer Führungsbeziehung – bei gleichzeitiger Wahrung der Chefrolle – besteht, desto kraftvoller und erfolgreicher ist die Führungsbeziehung.

Die Kraft, sich selbst ein:e gute:r Freund:in zu sein.

Jemanden wirklich so zu nehmen, wie er:sie ist, mich neidlos für ihn:sie zu freuen, für ihn:sie da zu sein, wenn er:sie mich wirklich braucht, ihn:sie offenherzig zu kritisieren, wenn es nötig ist, anzuerkennen, wenn er:sie mich in einem Feld überflügelt, ihn zu fördern, wo ich kann: Diese Kraft kommt aus einem starken Selbstwertgefühl. Voraussetzung für und einhergehend mit starkem Selbstwertgefühl ist eine Fähigkeit, die man Selbstfreundschaft oder Selbstliebe nennen kann: Mich zu nehmen, wie ich bin, meine Erfolge zu feiern und meine Stärken zu kennen, für mich selbst wirklich da zu sein, mir selbst gegenüber offenherzig-freundlich Fehler und Schwächen einzugestehen, mich um mein Wachstum und meine Entwicklung zu kümmern.

Der Weg eines reifenden Menschen und einer echten Führungspersönlichkeit führt immer zu einem Mehr an Selbstfreundschaft. In Coachings, in der Seminarreihe „Persönlichkeiten“, im Grunde bei allen Janus-Angeboten, berühren wir früher oder später immer diesen Punkt, egal, ob es vordergründig um Burn-out oder einen Führungskonflikt geht.

Anscheinend beschäftigen nicht nur wir uns mit diesem zentralen (Lebens-)Thema: Im bayerischen Rundfunk erschien am 26.6.2014 ein interessantes Feature zum Thema Selbstliebe.

Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Gedanken äußern und/oder Fundstellen beisteuern.