Janus fragt - Expert:innen antworten #5

Welche Fähigkeiten Familienunternehmen durch die Krise tragen und was Führung in digitalen Zeiten bedeutet, darüber sprachen wir mit Heike Weishaupt, Vice President HR bei Benteler Automotive.

Benteler ist ein Familienunternehmen in der vierten Generation und hat in seiner über 140-jährigen Unternehmensgeschichte schon einige Herausforderungen erfolgreich gemeistert. Heike Weishaupt hat die Funktion als Vice President HR im März 2020 übernommen und war genau vier Tage in ihrer neuen Rolle, als alles anders, alles virtuell wurde. Ihre Learnings aus dieser Zeit erläutert sie in diesem Interview.

Welche Werte und Fähigkeiten von Benteler Automotive haben sich in der Krise als zukunftsfähig erwiesen, Frau Weishaupt?

Auf was wir uns als Familienunternehmen verlassen können und was ich auch in der Krise als besonders stärkend erlebt habe, ist die Tatsache, dass im Ernstfall alle geschlossen zusammenstehen. Alle arbeiten mit Hochdruck an den relevanten Themen, um die Krisenzeit gemeinsam zu meistern. Strategisch helfen uns in solchen Situationen vor allem unsere kurzen Wege zum Management. Diese bringen schnelle Entscheidungen und Klarheit, was erreicht werden muss. Dabei trugen Fähigkeiten wie Ambiguitätstoleranz und Flexibilität gerade zu Beginn der Pandemie wesentlich dazu bei, rasch und zielorientiert zu handeln. Gepaart mit einem hohen Maß an Vertrauen, gerade als plötzlich viele Mitarbeitende ins Home-Office „verbannt“ wurden.

Stichwort mobiles Arbeiten: Was sind wesentliche Learnings beim Thema Leadership in digitalen Zeiten?

Zunächst die Erkenntnis, dass es geht. Und zwar von jetzt auf gleich! Wesentlich ist auch, dass digitale Führung eine neue „kommunikative Nähe“ braucht. In Telefonkonferenzen sehen wir weder Mimik noch Gestik für ein direktes Feedback und die eigene Orientierung. Und auch in virtuellen Meetings ist es viel schwieriger zu spüren, wie es den Mitarbeitenden geht. Man muss also besonders gut hinhören und nachfragen, um sich ein realistisches Bild machen zu können. Darum ist es wichtig, zwischendurch auch mal anzurufen, ohne sachlichen oder betrieblichen Grund. So hält man die Bindung aufrecht. Unsere virtuellen Meetings starten wir beispielweise mit virtuellen Kaffeegesprächen, um dem Bedürfnis nach Socialising gerecht zu werden.

Welche Fähigkeiten sind für Führungskräfte wichtiger denn je?

  • Ambiguitätstolerant sein: Man weiß nicht, was kommt und wie es kommt und muss trotzdem mit reduzierten Informationen Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Wer nur schwarz-weiß denkt, hat es schwer.
  • Digital führen: Führung in digitalen Zeiten erfordert noch mehr Verlässlichkeit, Vertrauen und Kommunikation. Wenn ich als Führungskraft nur eingeschränkten Zugriff auf Mitarbeitende und ihr Tun habe, muss ich darauf vertrauen, dass sie alle Infos haben und ihre Leistung abrufen. Es geht um die Arbeitseinstellung, um die Haltung. Beides ist nicht vom Arbeitsort abhängig. Und ich muss mich klar ausdrücken, nachfragen, ob alles verstanden wurde: alles, was ich sonst non-verbal transportiere, muss ich aktiv verbal rüberbringen.
  • Feedbackkultur leben: Aufgaben, Rollen und Erwartungen sind regelmäßig abzugleichen: einerseits, damit Mitarbeitende klar wissen, was zu tun ist. Und dass ich andererseits als Führungskraft weiß, dass die Mitarbeitenden alles haben, was sie benötigen. Das heißt, auch die Führungskraft muss aktiv Feedback einholen. Man bekommt nicht immer das Stirnrunzeln oder den verständnislosen Blick mit. Man muss aktiv fragen, ob alles bzw. was verstanden wurde. Dies gilt auch für mich als Führungskraft: Habe ich alles richtig verstanden?

Was motiviert Sie persönlich als Führungskraft?

Gestalten und einen Unterschied zu machen! Ich will mit meinem Tun etwas relevantes schaffen und gerade die Krisen-Zeiten machen es messbar, ob wir unseren Teil leisten. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist unternehmerisches Denken und dafür stehe ich als Führungskraft. Und wie mein Team mitmacht und wir alle zusammenwirken an einem gemeinsamen Ziel. Über Landesgrenzen hinweg – das macht mir wirklich Freude – die gegenseitige Unterstützung: Vom Vorstand zu HR und HR cross country.

Wir danke Ihnen sehr, liebe Frau Weishaupt!

 

Fotocredit: Benteler

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