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Janus fragt - Expert:innen antworten #4

In unserem neuesten Expert:innen-Interview führen wir mit Frau Barbara Müller-Geskes, Leiterin Unternehmensentwicklung und Intendanz beim Hessischen Rundfunk (hr), ein Gespräch darüber, wie sich der Hessische Rundfunk erfolgreich zum digitalen Medienunternehmen wandelt und welche Aufgaben dabei der Organisation und den Leadern zukommen.

Der Hessische Rundfunk (hr) setzt für die Zukunft auf starke digitale Angebote für alle Zielgruppen. „Wir wollen alle Menschen mit unseren Produkten erreichen, daher müssen wir auch dort präsent sein, wo sie heute Information, Kultur und Unterhaltung suchen und nutzen,“ sagt Barbara Müller-Geskes, Leiterin Unternehmensentwicklung und Intendanz. Ein Gespräch darüber, wie sich Organisationen nachhaltig wandeln, entscheidende Learnings eines Change-Prozesses und Führungskräfte als wichtige Gestalter der Transformation.

Frau Müller-Geskes, welches Zitat gilt für Sie als Führungskraft heute mehr denn je?

Ein Zitat des deutschen Politikers Gustav Heinemann: „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“

Stichwort Veränderung: Welche Auswirkungen hat die zunehmende digitale Mediennutzung auf die Unternehmensentwicklung des hr?

Der hr ist im Wandel. Wir sind auf dem Weg von einem linearen Sender hin zu einem modernen digitalen Medienunternehmen. Das bedeutet, dass wir uns als Organisation tatsächlich neu erfinden müssen. Die Ausrichtung an den Bedürfnissen unserer Nutzerinnen und Nutzer ist unser wichtigstes Ziel. Dafür haben wir interne Prozesse, unsere komplette Organisationsstruktur und die Geschäftsleitung umgebaut - und arbeiten gleichzeitig an einer offenen Organisationskultur, die wir als Basis für diese Veränderungen betrachten.

Welche Herausforderungen bringt der Wandel für die Organisation und wie begegnen Sie diesen?

Die Herausforderungen passen unter drei Überschriften: Verständnis, Partizipation und der Verlust von „Heimat“.

Um mit den Menschen dazu ins Gespräch zu kommen, haben wir eine Vielzahl an neuen Formaten an den Start gebracht: Barcamps zu Themen der Veränderung, Dialogräume für den Austausch über das persönliche Erleben in der Transformation, „Autsch” - ein Format, das eine neue Fehlerkultur unterstützen will/soll, diverse Formate, in denen wir über neue Entscheidungen und Entwicklungen mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Austausch kommen. Durch die Öffnung und den Dialog erleben wir echte Partizipation; Menschen gehen so in die Verantwortung für die Veränderung.

Was sind konkret Ihre Learnings im Change-Prozess?

  • Miteinander: Digitale Transformation braucht das Wissen und die Kompetenz aller Mitarbeitenden. Im Miteinander entstehen neue Ideen, wird das Verständnis füreinander geweckt und die Notwendigkeit der Veränderung spürbar. Möglich wird das durch neue Plattformen und Netzwerke, in denen Menschen sich gemeinsam mit Fragen und Herausforderungen auseinandersetzen können. Es wird oft vergessen, ist aber sehr wichtig: Feiern von Erfolgen!
  • Dialoge: Horizontale und vertikale Dialoge – die mittlere Managementebene ist das Bindeglied; sie hat eine wichtige Rolle. Egal, wie nahbar und auf Augenhöhe die Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Gesamtteam stattfindet, der Gesprächsbedarf in der Veränderung ist immens hoch. Und dabei ist wichtig: Starke Emotionen (positive wie negative) gehören zu Transformationsprozessen dieser Größenordnung selbstverständlich dazu. Sie haben nicht nur einen Platz, sondern auch einen Wert in der Veränderung!
  • Raum geben: Je weniger wir Antworten für das WAS geben können, desto mehr braucht es Raum und Zeit für das WIE.

Wie können speziell die Führungskräfte den Wandel positiv gestalten?

Allen voran steht wahrscheinlich der Umgang mit Unsicherheiten. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir die Landkarte im Gehen zeichnen. So schnell passieren so viele Dinge parallel. Das kann viele Emotionen hervorrufen und erfordert eine große Portion Empathie der Führungskräfte. Spannend ist auch, die Balance zwischen Aufbruch und Bewahren zu halten. Und so viel Vertrauen zu schenken, dass Menschen den Freiraum haben, sich zu entwickeln und zum Großen und Ganzen beitragen zu können.

Worauf sind Sie in Ihrer Funktion als Unternehmensentwicklerin besonders stolz?

Als wir mit unserem Transformationsprozess im hr gestartet sind, schien die Aufgabe gigantisch groß. Dazu kam, dass es einem Teil der Menschen gar nicht schnell genug gehen konnte, und einem anderen Teil waren es viel zu viele Veränderungen auf einmal. Stolz bin ich darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Transformationsprozess mehr und mehr als ihren ganz persönlichen Entwicklungs- und Veränderungsprozess begreifen, ihn unterstützen und aktiv gestalten.

Vielen herzlichen Dank, liebe Frau Müller-Geskes!

 

Fotocredit: Ben Knabe/hr

 

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